Bretagne – Reise in die Vergangenheit

Im Land von Asterix und Obelix

Die Bretagne mit ihrem „Ende der Welt“ (Finistère – Finis Terrae), wie die Römer das Land bezeichnet haben, überrascht in allen ihren Facetten. Das fängt beim Klima an und hört bei den Wetterkapriolen nicht auf. Die Bretonen haben nicht nur eine eigene Sprache, sie können auch auf eine lange und interessante Geschichte zurückblicken. Wer die oft unberechenbaren Unwetter ignorieren kann, kräftigen Wind liebt und mit einfachem, meist meerbasiertem Essen zufrieden ist, der fühlt sich in der Bretagne mit seinen phantastischen Küstenlandschaften bestens aufgehoben.

Urlaub – wir müssen weit zurückdenken, da wir so einen richtig langen Urlaub verbracht haben. Anders sieht das bei unseren Freunden aus, die sich ständig irgendwo rumtreiben und die mit Freuden zugestimmt haben, uns zu begleiten. Überlegt, geplant und gebucht haben wir bereits im Frühjahr 2015, wobei für Urlaubsziel und Zeitpunkt vier Faktoren maßgeblich gewesen sind: Erstens sollte es eine Gegend sein, die wir alle noch nicht gesehen haben. Zweitens durfte es mit unserem Hund keine Probleme geben. Zum Dritten wollten wir die in diesem Falle privilegierte Situation unseres Alters nutzen und außerhalb der Hauptsaison fahren. Viertens sollte die Gegend klimatisch einigermaßen verträglich sein. Jedoch ist uns die Bretagne nicht ganz zufällig eingefallen. Denn erstens halten sich (andere) Freunde mit ihren Hunden regelmäßig am „Ende der Welt“ auf, zweitens haben meine Frau und ich gerade mit „Bretonischer Stolz“ den vierten Roman von Jörg Bong alias Jean-Luc Bannalec zu Ende gelesen. Zudem wissen wir, dass der Golfstrom diesem Zipfel von Frankreich ein außergewöhnlich mildes Klima beschert. Allerdings muss man dort schon, insbesondere ab Herbst, mit stürmischem Wetter rechnen. Aber wie sagt laut Bannalec der Bretone: „Il ne pleut que sur les cons – es regnet nur auf die Dummen.“

Buchung in jeder Hinsicht perfekt

Im Laufe der Planung haben wir uns entschieden, den Aufenthalt aufzuteilen, das heißt, zwei Wochen im Norden und zwei Wochen im Süden der Bretagne zu verbringen. Bei der Suche nach einem Ferienhaus war uns das Internet behilflich:

Wir buchten ein Haus mit Wohnzimmer, drei Schlafzimmern, zwei Badezimmern und beheiztem Swimmingpool im Garten am Rand von Saint-Pol-de-Léon, rund fünf Kilometer südlich von Roscoff, über dem Meer gelegen. Für den zweiten Teil der Reise haben wir ein Haus an der Südseite des Golfes von Morbihan gefunden, in Saint-Gildas-de-Rhuys, ebenfalls mit Wohnzimmer, drei Schlafzimmern, zwei Bädern, Terrasse und Garten, fußläufig vom Meer entfernt. Hier wollten wir auf den Spuren von Bannalecs Inspektor Dupin wandeln. Für beide Häuser zusammengenommen müssen wir für vier Wochen insgesamt zweitausend Euro Miete bezahlen, was bei vier Personen nicht sonderlich viel ist. Unsere kleine Reisegruppe hat beschlossen, nicht im Konvoi zu fahren, sondern getrennt anzureisen. Meine Frau und ich hatten vor, bereits zwei Tage früher zu starten und haben im nördlich von Caen direkt am Meer gelegenen Courseulles-sur-Mer ein Hotelzimmer für zwei Nächte reserviert. Unsere Freunde wollten einen Tag später aufbrechen und auf der Anreise eine Nacht in Rouen verbringen.

Der neue Dachgepäckträger erweist sich als dringend notwendig. © Klaus W. Schmidt

Der neue Dachgepäckträger erweist sich als dringend notwendig.

Erster Tag, 17. September 2015

Selten habe ich mich dermaßen auf einen Urlaub gefreut und dem Tag der Abfahrt entgegengefiebert. Bereits am Vortag ist alles vorbereitet, das Gepäck – eine Unmenge – bereit gestellt. Gott sei Dank haben wir ein paar Tage zuvor in weiser Voraussicht einen Dachgepäckträger gekauft. Dann geschieht das vor Reisen bei uns Unvermeidliche: Wir beide können vor Aufregung nicht schlafen. Also steigen wir kurz nach Mitternacht wieder aus unseren Betten und fangen an, das Auto zu beladen. Eine Stunde später, es ist exakt zwei Uhr, geht’s los. Böige Winde begleiten uns nach Belgien hinein. Bis Rouen haben sie sich zu einem veritablen Sturm entwickelt.

Mautstellen anfahren wie bei Boxenstopps

Wir sind schon lange nicht mehr auf den gebührenpflichtigen Autobahnen in Frankreich unterwegs gewesen. Daher wissen wir (noch) nicht, dass an den Mautstellen das Bezahlen mit Kreditkarte problemlos und mittlerweile gang und gäbe ist.

An der ersten Mautstelle nach der belgisch-französischen Grenze bezahlen wir bar. Das ist kein Problem. Dann, hinter Lille – es ist noch dunkel – blenden die Lämpchen am Automaten so stark, dass ich gar nicht erkennen kann, wo die zuvor gezogene Abrechnungskarte hineingeschoben werden muss, um zu erfahren, was zu bezahlen ist. Als es endlich klappt, gilt es herauszufinden, wo der Geldschein reinkommt. Endlich ist auch das geschafft und das Wechselgeld klimpert klein wie bei einem einarmigen Banditen aus dem Automaten heraus. Immerhin haben wir jetzt Kleingeld.

Beim nächsten Automaten muss ich in der gleißenden Beleuchtung diejenige Stelle suchen, in die Kleingeld eingeworfen werden kann – aussichtslos, nichts zu finden. Aber da gibt es so etwas wie einen Panikknopf. Eine männliche Stimme, bei dem Lärm um uns herum kaum zu verstehen, erklärt live in französischer Sprache (in welcher sonst?), dass da, wo wir stehen, nur mit Kreditkarte bezahlt werden kann. Hinter uns staut sich in Null komma Nix eine erkleckliche Anzahl an Autos mit vermutlich ungeduldig auf das Lenkrad klopfenden Fingern – zurückfahren geht nicht.

Die Brücke von Rouen über die Seine. © Klaus W. Schmidt

Die Brücke von Rouen über die Seine.

Wir versuchen es mit der Kreditkarte und hoffen, dass kein Pin angefordert wird. Tatsächlich! Die Kreditkarte kommt wieder heraus, eine Quittung streckt sich mir entgegen, die Schranke öffnet sich und wir können weiterfahren. Die Kreditkarte – mit ihr geht es tatsächlich sehr einfach.

In der Morgendämmerung erreichen wir die Seine-Brücke von Rouen, ein äußerst beeindruckendes Bauwerk, welches scheinbar steil in den Himmel aufragt. Von oben können wir auf der rechten Seite in der Ferne den Ärmelkanal, links die Silhouette der Stadt Rouen mit ihrer alles beherrschenden Kathedrale bewundern. Gegen neun Uhr passieren wir Caen und wenden uns auf einer Route Nationale in Richtung Courseulles. Wir sind müde und freuen uns auf das Hotel.

Es geht eine Zeitlang einfach nicht mehr weiter. © Petra Michael

Es geht eine Zeitlang einfach nicht mehr weiter.

Ein wundersames Ereignis lässt uns staunen: Ein einsamer Mitarbeiter einer mit nicht sehr offensichtlichen Baumaßnahmen befassten Firma steht mitten auf der Straße und hält uns ein Durchfahrtsverbotsschild entgegen, welches die Durchfahrt durch Drehung um 180 Grad und natürlich zeitgleiches Beiseitetreten der das Schild haltenden Person wieder freigibt.

Pflege kriegerischer Reminiszenzen

Um 10 Uhr erreichen wir endlich Courseulles-sur-Mer und finden das direkt am Strand gelegene Hotel ohne Probleme. Wie im Internet beschrieben sei unser Zimmer erst ab 14 Uhr bezugsfertig. Immerhin können wir im Hotel dem französischen Klischee entsprechend frühstücken: Milchkaffee sowie jeweils drei wundervolle Croissants – Petra pur, ich mit Marmelade. Wider Erwarten ist bereits eine Stunde später unser Zimmer bezugsfertig gemacht worden. Die Bedingung für die Duldung unseres Hund lautet: Niemals alleine im Zimmer lassen. Goya signalisiert durch Schwanzwedeln, dass ihm das sehr entgegen kommt. Ein Platz für das Abendessen im Restaurant ist reserviert.

Denkmal, bis heute peinlichst gepflegt. © Klaus W. Schmidt

Denkmal, bis heute peinlichst gepflegt.

Schützenpanzer, der am D-Day mit anderen unter Dauerbeschuss an den Strand gebracht wurde. © Klaus W. Schmidt

Schützenpanzer, der am D-Day mit anderen unter Dauerbeschuss an den Strand gebracht wurde.

Wetteränderungen im Minutentakt. © Klaus W. Schmidt

Wetteränderungen im Minutentakt.

Der Zugang mit Hunden ist an diesen Stellen, vermutlich aus Pietätsgründen, grundsätzlich untersagt. Wir fahren also weiter in Richtung Vers-sur-Mer, wo wir endlich einen sehr schönen, ausgedehnten Strandabschnitt finden. Das Wetter ist normannisch launisch, Regen und Sonne wechseln sich in kurzen Abständen ab, im Minutentakt. Das damit verbundene Himmelsschauspiel ist beeindruckend. Auffällig ist die Naturbelassenheit der Gegend. Direkt hinter dem Deich weiden Rindviecher, in Zeiten lebensmittelproduktionstechnischer Anbindehaltung ein eher ungewöhnlicher Anblick.

Junges Rindviech will mit Goya spielen. © Klaus W. Schmidt

Junges Rindviech will mit Goya spielen.

Eine junge Kuh läuft parallel zum Zaun mit uns mit und macht den Eindruck, als wolle sie mit Goya spielen. Goya hat das offensichtlich begriffen und ist d‘accord. Nach der Rückkehr fahren wir kurz am Fischereihafen vorbei, ein großes Wort für den Kai mit ein paar Ständen, an denen kleine Fischerboote ihren Fang für den Verkauf anliefern.

Der erste Aufenthalt in Bayeux

Gähnende Leere in den Nebenstraßen. © Klaus W. Schmidt

Gähnende Leere in den Nebenstraßen.

Buntes Treiben auf der Hauptstraße von Bayeux. © Klaus W. Schmidt

Buntes Treiben auf der Hauptstraße von Bayeux.

Noch am Mittag machen wir uns auf den Weg nach Bayeux, in die Stadt, in welcher ein berühmtes, in der Länge monumentales Zeitzeugnis aus dem elften Jahrhundert zu besichtigen ist: Der Teppich von Bayeux. Dabei handelt es sich um ein etwa fünfzig Zentimeter hohes, fast siebzig Meter langes Tuch, auf welchem die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer, beginnend bei dem Treffen des Earls von Wessex, dem späteren Harald II. und letzten angelsächsischen König, mit Eduard dem Bekenner, dem vorletzten zu dieser Zeit aktuellen angelsächsischen König, bis zur Schlacht von Hastings in Bild und Schrift dargestellt ist. Für die Aufbewahrung des Originals dieses Teppiches war in Bayeux im Jahr 1982 eigens das „Centre Guillaume le Conquérant“ errichtet worden. Wir besuchen den Teppich nicht, weil wir zu wenig Zeit haben. Bayeux selbst erweist sich als eine lebendige und hübsche Stadt – mit einer Einschränkung: Sämtliche Nebenstraßen scheinen menschenleer zu sein.

Die imposante Kathedrale von Bayeux. © Klaus W. Schmidt

Die imposante Kathedrale von Bayeux.

Ohs und Ahs bei ihrem Anblick. © Klaus W. Schmidt

Ohs und Ahs bei ihrem Anblick.

In der Nähe der Touristeninformation finden wir eine kleine Galetterie, in welcher wir unsere ersten Galettes, verfeinert mit Gruyère essen. Wunderbar sind diese Galettes, die mit „blé noir“, Buchweizenmehl gemacht werden. Anschließend besuchen wir die Touristeninformation und erhalten dort eine Broschüre. Die ist zwar voller Werbeanzeigen der örtlichen Konsumtempel, aber wegen des, wenn auch rudimentären Stadtplanes recht nützlich. Wir gelangen zur Kathedrale, einem Bauwerk, das nicht nur uns sehr beeindruckt.

Wir nehmen uns vor, am folgenden Tag mehr zu sehen und fahren zurück ins Hotel, wo wir uns erst mal ausruhen. Am Abend gegen 19Uhr30 begeben wir uns in das Hotelrestaurant. Es ist bis auf den letzten Platz belegt – gut, dass wir reserviert haben. Petra bestellt einen Meeresfrüchteteller, der, wie sich herausstellt, selbst für zwei Personen noch üppig bemessen wäre. Ich esse Austern und anschließend Miesmuscheln. In der Speisenkarte steht: Moules frites. Das sind Miesmuscheln mit Pommes Frites, nicht etwa frittierte Miesmuscheln, wie man denken könnte und ich gedacht habe. Als Abschluss gibt es einen besonderen Camembert, der, wie wir auf Nachfrage erfahren, zuvor rund vier Stunden lang in Cidre eingelegt worden war – ein genialer Geschmack. Das Abendessen macht mich so fertig, dass ich nach Rückkehr in unser Hotelzimmer sofort einschlafe. Petra muss inklusive Hundespaziergang und Versorgung des Tieres alles alleine regeln.

Zweiter Tag, 18. September 2015

Direkt an der Küste eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. © Klaus W. Schmidt

Direkt an der Küste eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch.

Malerisch bewachsene Bäume unter maalerischem Himmel. © Klaus W. Schmidt

Malerisch bewachsene Bäume unter maalerischem Himmel.

Wir sparen uns das Frühstück und schlafen dafür lange. Goya gönnt uns das. Um 11 Uhr brechen wir schließlich wieder nach Bayeux auf. Unterwegs mache ich verschiedene Fotos. Ständig wechseln sich blauer Himmel mit Sonnenschein und Regen ab. Wir besichtigen die Altstadt von Bayeux. Petra braucht dringend eine Toilette. Aber merkwürdig, wo sonst an jeder Ecke in Frankreich öffentliche Toiletten zu finden sind, wird dieses Mal unser Vertrauen darauf enttäuscht. Daher halten wir Ausschau nach einem Restaurant und finden eines direkt in Blickweite zur Kathedrale. Es ist klein und trägt den Namen „Pomme d’Or“. Wir setzen uns nach draußen unter die Markise, weil das Lokal drinnen bis auf den letzten Platz besetzt ist. Zeitgleich mit unserer Bestellung – jeweils ein Kaffee und eine Galette mit Schinken und Ei – beginnt es, wie aus Eimern zu schütten. Das Essen ist grauenhaft – galettes d‘horreur! Die Bedienung ist zwar nett, aber völlig überfordert. Petra könnte da endlich mal die Toilette benutzen, was sie aus Gründen des Zustandes und der Umstände doch nicht tut. Ich persönlich hätte diese Toilette ebenfalls nur im alleräußersten Notfall in Anspruch genommen, weil sie sich de facto im Gastraum befindet. Jedes menschliche Geräusch kann nahezu ungefiltert von den Gästen wahrgenommen werden. Und wer da stinkt…

Wettergerechte Schirme

Der Rest vom Schloss, ein Brunnen. © Klaus W. Schmidt

Der Rest vom Schloss, ein Brunnen.

Der Abstieg in den Brennkeller. © Klaus W. Schmidt

Der Abstieg in den Brennkeller.

Am Place Charles de Gaulle hat sich, wie wir nachlesen können, ehemals das Schloss befunden. Es wurde einst auf Befehl Napoleons zerstört. Jetzt gibt es da nur noch einen kleinen Park mit einem Brunnen im Zentrum. Uns fällt ein Laden auf, in welchem Apfeliges gebrannt wird und in welchem wir großzügig einkaufen.

Dieses Landhaus lässt einen großen Innenhof vermuten. von dort dringt laute Musik zu uns. © Klaus W. Schmidt

Dieses Landhaus lässt einen großen Innenhof vermuten. von dort dringt laute Musik zu uns.

Petra fragt den Eigentümer, ob sie mal die Toilette benutzen könne – im „Pomme d’Or“ hat sie ja dem Druck aus nachvollziehbaren Gründen nicht nachgegeben. Dem Calvados-Produzenten ist die Frage sichtbar peinlich. Er verweigert die Genehmigung mit dem Hinweis darauf, dass seine Toilette derzeit nicht benutzbar sei. Wahrscheinlich will er damit sagen, die Toilette sei grundsätzlich niemandem zuzumuten. Petra muss weiter verkneifen. Schließlich verlassen wir Bayeux. Petra markiert in der Wildnis.

Ursprünglich war geplant, ein paar der in dieser Gegend reichlich vorhandenen „Schatöschen“, also Schlösser zu besichtigen. Wir ändern jetzt das Programm, um zwei der äußerst stabilen, weil speziell konstruierten normannischen Schirme zu kaufen: Keine Parapluies, sondern „Passvents“.

Die Schirm-Manufaktur H2O, früher in einem attraktiveren Gebäude, heute funktional. © Klaus W. Schmidt

Die Schirm-Manufaktur H2O, früher in einem attraktiveren Gebäude, heute funktional.

Eine große Auswahl handgearbeiteter, winderprobter Schirme. © Klaus W. Schmidt

Eine große Auswahl handgearbeiteter, winderprobter Schirme.

Ganz in der Nähe, in Crepon, sollte es nämlich eine kleine Manufaktur mit dem Namen „H2O“ geben, in welcher so etwas tatsächlich noch in Handarbeit hergestellt wird und die dafür berühmt ist. Wir kaufen dort zwei Schirme zu einem stolzen, jedoch, qualitativ betrachtet, angemessenen Preis von jeweils 100 Euro. Madame teilt uns ganz nebenbei mit, dass viele Deutsche zu ihr kommen, um sich ordentliche Schirme zuzulegen. Ich sage ihr, dass in Deutschland ein Schirm in der Regel so etwas wie ein Wanderpokal sei und dort deswegen nur wenig Geld für so etwas ausgegeben werde.

Eine britische Telefonzelle am Strand von Courseulles in der Abendsonne. © Klaus W. Schmidt

Eine britische Telefonzelle am Strand von Courseulles in der Abendsonne.

In Couseulles im 'Aber' bei Ebbe. © Klaus W. Schmidt

In Couseulles im ‚Aber‘ bei Ebbe.

Die Rückfahrt nach Courseulles führt über Ver-sur-Mer. Von Crepon kommend durchqueren wir zufällig den alten Teil der Ortschaft: Welch ein Glücksfall. Die Wege und Sträßchen sind eng, mit wunderschönen Häusern und Anwesen. Traumhaft! Am Strand unternehmen wir einen Spaziergang mit dem Hund.

Im Hotel angekommen machen wir Pause und schlafen ein wenig. Anschließend suchen wir im Hafen von Courseulles ein Restaurant. Das erweist sich als schwierig, weil sie alle fast ausnahmslos ausgebucht sind. Das heißt, früh kommen nützt auch nichts. Am Jachthafen finden wir endlich eines: Im „Quay Est“ isst Petra eine ganz besondere Bouillabaise. Ich bestelle Escargots mit Champignons in Kräuterbutter und anschließend ein Entrecôte – ausnahmsweise. Als Apéritif gönnen wir uns je einen Pastis. Alles mundet ganz hervorragend. Anschließend begeben wir uns auf Umwegen ins Hotel. Petra ist schlecht. Mir nicht. Das hat zur Folge, dass ich heute Abend alles alleine erledigen muss. Honni soit…

Dritter Tag, 19. September 2015

Früh aufstehen ist angesagt, damit wir uns möglichst vor zehn Uhr auf den Weg nach Roscoff machen können. Petra kriegt einmal mehr diese blöden normannischen Türschlösser nicht zu. Hinter St. Malo müssen wir selbstverständlich einen Abstecher nach Le Mont St. Michel machen.

Im Angesicht des Mont St. Michel

Ein Wunder, dass noch so viel von ihm zu sehen ist, bei den vielen Fotos... © Klaus W. Schmidt

Ein Wunder, dass noch so viel von ihm zu sehen ist, bei den vielen Fotos…

Hinter dem Hofladen mit Blick auf den 'Mong' wurde mal Calvados hergestellt...

Hinter dem Hofladen mit Blick auf den ‚Mong‘ wurde mal Calvados hergestellt…

...und Cidre. © Klaus W. Schmidt

…und Cidre.

Trotz oder vielleicht auch wegen der wenigen Leute auf dem Weg dahin ist es schwierig, weiterzukommen, weil das Parkplatz-Personal alles dafür tut, die Touristen zu den Bussen zum Mont zu geleiten. Wir schaffen es schließlich an allen vorbei und erreichen einen großen Hofladen mit normannischen „Kulinarien“. Hinter dem Gebäude offenbart sich malerisch der Blick auf Le Mont St. Michel. Zugleich entdecken wir eine mobile Calvados-Brennerei sowie einen Karren mit Utensilien zur Herstellung von Cidre. Eine idyllische Toilette rundet den rundum komödiantischen Eindruck ab.

Eines der typischen Steinhäuser der Bretagne. © Klaus W. Schmidt

Eines der typischen Steinhäuser der Bretagne.

Nach kleinem Einkauf geht es weiter in Richtung Roscoff beziehungsweise Saint-Pol-de-Léon, wo wir gegen 14 Uhr ankommen. An einem Platz mit einem der beeindruckenden, typischen Häuser halten wir an, weil die uns angegebene Adresse des Ferienhauses nicht ganz eindeutig ist.

Perfekte Unterkunft

Glücklicher Weise haben wir im Vorfeld bereits die Funktelefonnummer der Verwalterin erhalten, die wir jetzt auch kontaktieren. Sie sichert zu, umgehend zu kommen. Schließlich werden wir fündig. Das Haus ist modern und beherbergt drei Ferienwohnungen nebeneinander wie Reiheneinfamilienhäuser.

Kein altes Steinhaus, aber funktional, sauber und äußerst bequem. © Klaus W. Schmidt

Kein altes Steinhaus, aber funktional, sauber und äußerst bequem.

Wir haben das Glück, die rechte äußere Einheit zu erhalten – auf dem Foto ist es links – und sind sehr angetan. Die Ferienwohnung auf zwei Etagen ist großzügig geschnitten, sauber, perfekt ausgestattet und bietet einen tollen Blick auf die Meeresbucht. Der Swimmingpool ist gepflegt. In Erwartung unserer Freunde Silvia und Albert, die gegen 16 Uhr aus Rouen kommend in Saint-Pol einlaufen wollen, inspizieren wir ein wenig die Gegend. Wir kaufen in Saint-Pol-de-Léon im Super U ein, den Petra sofort entdeckt hat. Nach Alberts Eintreffen gehen wir beide mit Goya den etwa einen Kilometer langen Weg hinunter zum Strand, wo wir auf die stark abgenutzten Überbleibsel touristischer Aktivitäten stoßen. Heraus ragt dabei die Tahiti-Bar. Ihr Name ist offenbar Programm.

Die salzhaltige Luft hat dem Gebäude kräftig zugesetzt. © Klaus W. Schmidt

Die salzhaltige Luft hat dem Gebäude kräftig zugesetzt.

Nach unserer Rückkehr zaubern Sylvia, Petra und Albert aus Fisch, Krabben und Mini-Langusten ein Abendessen. Dazu verkosten wir Cidre und Calvados. Nach intensiver politischer Diskussion – es ist mittlerweile Mitternacht – machen Albert und ich noch einen Spaziergang mit dem Hund. Der unglaubliche Sternenhimmel soll diesen in den kommenden zwei Wochen noch häufig zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.

Vierter Tag, 20. September 2015

Gemeinsam statten wir Roscoff unseren ersten Besuch ab und stellen fest, dass das kleine Städtchen völlig überfüllt ist. Wir finden nur zufällig einen Parkplatz und halten dann nach Albert Ausschau, der unbedingt mit dem Fahrrad fahren wollte. Ein Geschäft zieht unsere Blicke auf sich. Es ist ein kleiner Laden, der neben anderen Klamotten auch Regenmäntel verkauft, englische, mit ausgeklügeltem Regenschutzsystem. Petra und ich erstehen jeweils einen. Dann entdecken wir Albert.

Die einzelnen Gruppen warten auf den Beginn des Umzuges. © Klaus W. Schmidt

Die einzelnen Gruppen warten auf den Beginn des Umzuges.

Vor demjenigen Haus in Roscoff, in welchem einst Maria Stuart gewohnt hatte. © Klaus W. Schmidt

Vor demjenigen Haus in Roscoff, in welchem einst Maria Stuart gewohnt hatte.

Die Menschen nehmen das 'Fête du Patrimoine' sehr ernst. © Klaus W. Schmidt

Die Menschen nehmen das ‚Fête du Patrimoine‘ sehr ernst. © Klaus W. Schmidt

Ebbe im alten Hafen von Roscoff. © Klaus W. Schmidt

Ebbe im alten Hafen von Roscoff.

Es ist ein schön, dass wir ausgerechnet zu einem Zeitpunkt in Roscoff ankommen, an welchem an drei aufeinanderfolgenden Tagen das „Fête du Patrimoine“ gefeiert wird. Viele Menschen sind verkleidet. Umzüge finden statt. Wir entdecken eine alte Dame in Kostüm vor demjenigen Haus, in dem einst Maria Stuart gewohnt hat. Überhaupt erinnern einige Gebäude an die Königin von Schottland, die auch kurzzeitig als Königin Frankreich regierte.

Im alten Hafen – der neue befindet sich zwischen Roscoff und St.-Pol – macht sich der Höhepunkt der Ebbe dadurch bemerkbar, dass alle Boote auf dem Trockenen liegen. Silvia und Petra gehen an den Marktständen entlang. Anschließend besichtigen wir die Kirche und kehren schließlich in ein Teehaus ein, um Kaffee und Schokolade zu trinken. Den kleinen Törtchen können wir nicht widerstehen. Die Inhaberin des Cafés ist, wie alle Bretonen, die wir noch im Laufe unseres Aufenthaltes kennenlernen sollen, ausgesprochen nett, ohne aufgesetzt zu wirken. Anschließend kaufen wir auf dem Fischmarkt frische Muscheln ein. Albert setzt sich wieder auf sein Fahrrad und wir sehen zu, noch vor dem großen Umzug aus dem Städtchen rauszukommen. Anschließend gehen wir mit dem Hund spazieren und machen in der Tahiti-Bar eine kurze Erholungspause. Der Wirt ist dabei, die Bar winterfest zu machen. Es ist der letzte Ausschank in diesem Jahr, und das nur für uns!

Nach dem Essen spielen wir Doppelkopf. Ausnahmsweise gewinne ich, und das haushoch! Besonders bemerkenswert dabei sind die beiden Soli, eins schwarz gewonnen, eins total riskant mit Re/Contra gespielt und gewonnen. Dazu trinken wir ordentlich Calvados und gehen gegen drei Uhr früh schlafen.

Fünfter Tag, 21. September 2015

Morlaix - ein wenig wie Wuppertal bei schlechtem Wetter. © Klaus W. Schmidt

Morlaix – ein wenig wie Wuppertal bei schlechtem Wetter.

Die Treppe zur Église Saint-Mathieu in Morlaix © Klaus W. Schmidt

Die Treppe zur Église Saint-Mathieu in Morlaix.

Das Mittelschiff der Église Saint-Mathieu. © Klaus W. Schmidt

Das Mittelschiff der Église Saint-Mathieu.

Nach meinem Morgenspaziergang mit Goya fahren Albert und ich nach Roscoff, um in diesem ausgesprochen netten Teehaus Croissants und ein Baguette zu kaufen. Dummerweise ist dort montags geschlossen und wir müssen einen anderen Laden finden, was uns auch gelingt. Im Laufe der kommenden Wochen werden wir uns noch zu regelrechten „Croissant-Sommeliers“ entwickeln. Wir sind mit dem Auto unterwegs und verfehlen den Rückweg. So fahren wir einigermaßen ziellos durch die Gegend. Schließlich kommen wir doch noch im Ferienhaus an und frühstücken ausgesprochen üppig. Es fängt an, zu regnen. Wir brechen nach Morlaix auf, um dort einen Supermarkt zu suchen. Morlaix scheint eine spannende Stadt zu sein. Albert jedoch macht Morlaix im Regen etwas depressiv. Die Stadt wirkt unter diesen Umständen ein wenig wie Wuppertal bei schlechtem Wetter. Zudem ist es heute wirklich saukalt. Wir kaufen in einer hervorragend sortierten Vinothek Wein. Anschließend fahren wir auf dem falschen Weg, weil auf der falschen Seite des Flusses, zurück. Also müssen wir umdrehen. In St.-Pol-de-Léon landen wir erst einmal im Super U. Die Damen gehen alleine einkaufen, Albert und ich gucken uns währenddessen ein wenig den Ort an und bringen einiges in Erfahrung.

Die Kathedrale von Saint-Pol-de-Léon beherbergt eine Statue der Schutzheiligen der Zahnärzte. © Klaus W. Schmidt

Die Kathedrale von Saint-Pol-de-Léon beherbergt eine Statue der Schutzheiligen der Zahnärzte.

Die Schutzheilige der Zahnärzte, Ste. Appoline, wurde unter anderem durch Ausreißen aller ihrer Zähne ohne Narkose zu Tode gefoltert. © Klaus W. Schmidt

Die Schutzheilige der Zahnärzte, Ste. Appoline, wurde unter anderem durch Ausreißen aller ihrer Zähne ohne Narkose zu Tode gefoltert.

Die Kathedrale in St.-Pol ist ein Schmuckstück. Der Ort war Bischofssitz und beherbergt immer noch ein Kloster. Wir nehmen uns vor, an einem der nächsten Tage nochmals in Begleitung der Damen hinzufahren, um alles genau anzusehen und zu fotografieren. Die Damen brauchen sage und schreibe anderthalb Stunden für den Einkauf. Wieder „zuhause“ angelangt, mache ich mit Albert einen Spaziergang mit dem Hund, wobei wir mal von unserem Standort aus gesehen die andere Seite in Richtung St.-Pol-de-Léon erkunden und einen weiteren Strand entdecken.

Zum Abendessen gibt es Artischocken mit selbst gemachter Senf-Mayonnaise sowie Spaghetti mit Tomatensoße. Dazu wird Burgunder Wein gereicht. Silvia besteht beim Doppelkopf in Anbetracht meines überragenden Sieges vom Vortag auf einem Platztausch und gewinnt prompt – zwar nicht ganz so überragend, aber immerhin.

Sechster Tag, 22. September 2015

Das Unwetter interessiert angesichts der Artischocke nicht.

Das Unwetter interessiert angesichts der Artischocke nicht.

Blick von unserem Ferienhaus auf die Bucht bei kurzem, aber heftigem Unwetter. © Klaus W. Schmidt

Blick von unserem Ferienhaus auf die Bucht bei kurzem, aber heftigem Unwetter.

Blick durch das Hauptschiff der Karthedrale. © Klaus W. Schmidt

Blick durch das Hauptschiff der Karthedrale.

Das Wetter ist wieder einmal sehr wechselhaft. Es bietet ein spannendes Himmelsschauspiel. Wir faulenzen und liegen in der immer wieder durchbrechenden Sonne auf den Liegestühlen. Gegen 14 Uhr 30 fahre ich mit Petra nach St.-Paul-de-Léon, um die romanisch-gothische Kathedrale Saint-Pol Aurélien zu besichtigen und diese zu fotografieren. Paul Aurélien war der erste Bischof in Léon. Wir sind völlig überrascht. Bis dahin haben wir im Detail noch selten eine so interessante und schöne Kirche von innen gesehen.

Das Mittelschiff mit Blick auf den Altar. © Klaus W. Schmidt

Das Mittelschiff, Blick auf den Altar.

Das Hauptschiff mit Blick auf die Orgel. © Klaus W. Schmidt

Das Hauptschiff, Blick auf die Orgel.

Das rechte Seitenschiff der Kathedrale. © Klaus W. Schmidt

Rechtes Seitenschiff.

Im Anschluss an die Besichtigung fahren wir gegen 15 Uhr 30 nach Roscoff, wo wir unsere Freunde treffen wollen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Treffpunkt ist die Stelle, an der üblicherweise frische Fische verkauft werden. An diesem Tag allerdings nicht. Auf Nachfrage erklären uns die dort arbeitenden Bretonen: „Trop de vent.“ Wir bringen – scherzhafter Weise – unseren Unglauben ob der Feiglinge zum Ausdruck. Die Bretonen lachen und bestätigen uns, „oui (ausgesprochen wie ouä), ils sont des lâches“ und stecken sich lässig eine Zigarette ins Gesicht – keine Gauloises, sondern Marlboros. Ja, die rauchen noch ganz selbstverständlich. Also, kein Fisch vom Kutter. Wir gucken anschließend in der Stadt nach einer „Charcuterie“ und bleiben im kleinen Tee-Kaffee-Haus hängen. Anschließend stellen wir fest, dass die Charcuterie nicht sonderlich vertrauenerweckend aussieht. Weil auch der Gemüseladen nahezu leer geräumt ist, fassen wir den Entschluss, in St. Pol-de-Léon im „Super U“ einzukaufen. Ich bleibe mit Silvia im Ferienhaus zurück, Petra und Albert ziehen los. In der Zwischenzeit kopieren Silvia und ich die Fotos um. Anschließend wird gekocht und gegessen. Den Abend verbringen wir mit Musik und Lexikonspiel.

Siebter Tag, 23. September 2015

Ordentlich große Aufleger sind auf den Kais des alten Hafens abgestellt. © Klaus W. Schmidt

Ordentlich große Aufleger sind auf den Kais des alten Hafens abgestellt.

S'ist halt einer der üblichen Märkte - allerdings gibt's Gemüse und Gewürze in Hülle und Fülle. © Klaus W. Schmidt

S’ist halt einer der üblichen Märkte – allerdings gibt’s Gemüse und Gewürze in Hülle und Fülle.

Heute stehen wir besonders früh auf, weil in Roscoff Markttag ist. Es gibt kein Frühstück. Kaum ist ein Parkplatz gefunden, schon sind die Damen verschwunden. Albert und ich entdecken eine weitere Boulangerie, wo wir Baguettes und Croissant kaufen. Das Geschäft ist liebevoll ausgestattet. Und noch einmal muss gesagt werden, wie außergewöhnlich freundlich und charmant die Menschen sich hier uns gegenüber verhalten. Der Markt selbst ist eine Ansammlung von Ständen am alten Hafen, nichts Besonderes. Wir erstehen schöne, violette Artischocken, dazu Käse, Knoblauch sowie Gemüse für eine geplante Bouillabaisse und ein weiteres Austernmesser. Mittlerweile ist bei uns ein geflügeltes Wort entstanden. Wenn irgendetwas fehlt, sei es ein Küchenuntensil oder ein Einrichtungsgegenstand: „Morgen kaufen wir das“.

Im Pool unseres Ferienhauses für die Kamera. © Klaus W. Schmidt

Im Pool unseres Ferienhauses für die Kamera.

A bisserl kalt is scho. © Klaus W. Schmidt

A bisserl kalt is scho.

Wir kehren in die FeWo zurück, frühstücken zur Mittagszeit und machen dann Siesta im Garten, wo wir uns sonnen und Albert schließlich in den Pool springt.

Eine Not-Bouillabaisse

Als er es sich wieder auf der Liege bequem macht, erdreistet sich eine Wespe, ihn in den linken seitlichen Brustkorb zu stechen. Silvia verarztet ihn. Sie ist müde und hat keine Lust, zwecks Fischeinkaufes nochmals nach Roscoff zu fahren. Aus unerfindlichen Gründen wird Albert auch noch „durchfällig“, so dass Petra und ich alleine aufbrechen.

Diese Bouillabaisse wurde aus Seeaal und Seeteufel mit Shrimps hergestellt. Den Fischfonds gewinnt man aus den Karkassen. © Klaus W. Schmidt

Diese Bouillabaisse wurde aus Seeaal und Seeteufel mit Shrimps hergestellt. Den Fischfonds gewinnt man aus den Karkassen.

Am alten Hafen angekommen müssen wir leider feststellen, dass es lediglich noch einen Seeteufel und einen Seeaal zu kaufen gibt. Wir nehmen von beiden jeweils ein ordentliches Stück mit und fahren wieder zurück. Dann wird Bouillabaisse gekocht und die Rouille hergestellt. Die notwendige Zerkleinerung des Gemüses nimmt mehr schlecht als recht Albert vor. Leider ist der Seeaal reich an Gräten, die können bei der Vorbereitung nicht alle gezogen werden können. Aus Erfahrung weiß ich, dass Fischstücke mit Gräten immer bei mir auf dem Teller landen. Um die Suppe etwas aufzupeppen – normaler Weise kommen ja mehrere Sorten Fisch hinein – werden noch von Kopf, Beinen und Panzer befreite Shrimps mitgekocht. Und tatsächlich, die Bouillabaisse schmeckt herausragend. Bis auf einen kleinen Rest wird alles vertilgt.

Wegen diverser nach und nach auftretender Durchfälligkeiten bleibt der Rest des Tages ruhig, ohne Spiele oder Musik. Den Nachtspaziergang mit Goya unternehme ich alleine. Er gestaltet sich durchaus spannend, weil auf dem Rückweg die Batterien der Taschenlampe den Geist aufgeben. Ohne Licht ist diese Nacht stockduster.

Achter Tag, 24. September 2015

Exotische Gärten in der Umgebung des Ferienhauses. © Klaus W. Schmidt

Exotische Gärten in der Umgebung des Ferienhauses.

Palmen sind hier an der Tagesordnung. © Klaus W. Schmidt

Palmen sind hier an der Tagesordnung

Am Morgen sind es unsere Freunde, die sich um die Backwaren für das Frühstück kümmern. Ich erkunde währenddessen mit Goya die Umgebung und halte einige der recht exotischen Pflanzen fest, die hier wachsen und die ein botanischer Hinweis auf das milde Klima auch im Norden der Bretagne sind.

Notre Dame du Kreisker – für eine Kapelle, als welche sie gilt, recht monumentale Ausmaße. © Klaus W. Schmidt

Notre Dame du Kreisker – für eine Kapelle, als welche sie gilt, recht monumentale Ausmaße

Das Château de Kerouzéré. Foto: Petra Michael

Das Château de Kerouzéré. Foto: Petra Michael

Menschenleerer Traumstrand. © Klaus W. Schmidt

Menschenleerer Traumstrand

Heute fahren wir nach St.-Pol, damit sich auch Silvia die Kathedrale ansehen kann, und wir alle dann die Chapelle Notre Dame du Kreisker besichtigen können. Der Glockenturm der Kapelle gilt mit einer Höhe von 78 Metern als der höchste der Bretagne. Dieser Umstand soll auch die Zerstörung der Kapelle verhindert haben, weil mit der Bedeutung des Turmes für die Schifffahrt argumentiert werden konnte.

Silvia ist eine fleißige Postkartenkäuferin und -schreiberin. Also müssen wir eine Poststation finden, was uns erst auf mehrfache Nachfrage gelingt. Anschließend geht es weiter nach Plouescat, um dort den großen Menhir zu besichtigen. Auf dem Weg dorthin gelangen wir erst mal an einem Traumstrand ohne Menschen, wo Goya im Wasser herumtobt.

Der erste Menhir

Der Menhir von Plouescat. © Klaus W. Schmidt

Der Menhir von Plouescat

Auf dem Weg entdeckt: Eine versteinerte Schildkröte. © Klaus W. Schmidt

Auf dem Weg entdeckt: Eine versteinerte Schildkröte

Versteinerte Brandung. © Klaus W. Schmidt

Versteinerte Brandung

Gewaltige Granitbrocken türmen sich am Meer. © Klaus W. Schmidt

Gewaltige Granitbrocken türmen sich am Meer

Für Touristen ist erholungstechnisch gesorgt. © Klaus W. Schmidt

Für Touristen ist erholungstechnisch gesorgt

Goya hat seinen Spaß. © Klaus W. Schmidt

Goya hat seinen Spaß

Auf der Weiterfahrt erblicken wir endlich ein „Schatöschen“, das Château Kerouzéré, ein sogenanntes Château Fort, welches vollständig aus Granitquadern erbaut wurde. Die Schlossburg kann an diesem Tag nur von außen besichtigt werden. Hunde dürfen grundsätzlich nicht auf das Gelände, so betreten den Park nur die beiden Damen und Albert. Ich warte mit Goya außerhalb des Geländes.

Die Strecke zum Menhir (übersetzt „Langer Stein“) von Plouesquat ist nicht durchgängig ausgeschildert. So müssen wir uns durchfragen und finden schließlich den Parkplatz. Der Anblick der Küste, der Felsen, des Felsenstrandes sowie der Weg zum Menhir sind großartig. Wir müssen ein Weilchen gehen. Der Weg entschädigt den Aufwand um ein Vielfaches.

Auf der Rückfahrt machen wir in dem Städtchen Plouescat Halt, um in einem Café mit besonders muffiger Bedienung einen Milchkaffee zu trinken und eine Crêpe zu essen. Beide sind sehr gut. Die Wirtsleute haben offenbar miteinander Krach. Auf dem Rückweg nach St. Pol hören wir im Auto sehr laut Beethovens Choral Fantasia und sind glücklich. Gegen sieben Uhr wird gekocht. Es gibt Artischocken und einen leichten Kartoffelauflauf. Der Abend mündet in Doppelkopf bis etwa ein Uhr nachts.

Neunter Tag, 25. September 2015

Heute begehe ich am Morgen mal eine große Runde zur anderen Seite der Bucht hin, wo ich einen malerisch gelegenen Bauernhof entdecke – direkt am Meer. Bei genauerem Hinsehen jedoch stutze ich: Merkwürdige Fässer ruhen in einem vollständig mit „Entengrütze“ bedeckten Weiher auf dem Gelände des Hofes.

Unendliche Felsenküsten

Warnhinweis an den Granits Roses. © Klaus W. Schmidt

Warnhinweis an den Granits Roses.

Wohnen an den Granits Roses. © Klaus W. Schmidt

Wohnen an den Granits Roses

Der Königsfelsen im Vordergrund erhebt sich etwa fünfzig Meter über die Küste. Da kann man hingehen. © Klaus W. Schmidt

Der Königsfelsen. Man kann zum Rand gehen…

...und runtergucken. © Klaus W. Schmidt

…und runtergucken

Albert tut's grad. © Klaus W. Schmidt

Albert tut’s grad

Ein Segelboot taucht hinter den Felsformationen auf. © Klaus W. Schmidt

Ein Segelboot taucht hinter den Felsformationen auf

Nach dem Frühstück entscheiden wir uns, zur Côte de Granit Rose, zur Rosengranit-Küste oder, bretonisch, zur „Aod ar Vein Ruz“ zu fahren. Die liegt immerhin rund siebzig Kilometer von uns entfernt. Der Rosengranit verdankt seine Färbung den im Stein enthaltenen Hämatit und Alkalifeldspaten. Die Färbung tritt ganz besonders bei entsprechendem Licht auf. Wir gelangen über Lannion nach Perros Guirec, anschließend nehmen wir die Küstenstraße in Richtung Richtung Ploumanach und Trégastel. Die Felsen zu finden ist nicht ganz einfach, weil wir auf vermeintlichen Wegen zum Meer immer wieder in Sackgassen landen. Schließlich finden wir doch einen Parkplatz in Trégastel, von wo wir einen herrlichen Blick auf die roten Felsen und das Meer genießen können. Goya lassen wir einmal mehr im Meer herumtoben, bevor wir sehen, dass das Schwimmen dort wegen der heftigen Strömungen nicht erlaubt ist. Wir gehen davon aus, dass die Gefahr auch für Hunde besteht.

Nach der Besichtigung fahren wir weiter die Küstenstraße entlang. Hinter Trégastel öffnet sich ein atemberaubender Ausblick: Eine Stelle hoch über dem Meer, von wo aus wir zu Fuß auf einen Felsen, den sogenannten Königsfelsen gehen können, ein erhebender Eindruck!

Eines der Laternenhäuser von Morlaix. © Klaus W. Schmidt

Eines der Laternenhäuser von Morlaix

Wir brechen wieder auf, verfolgen weiter die Küstenstraße und suchen ein Café möglichst mit Crèperie, können jedoch nichts finden. Es ist einfach schon zu spät und zugleich zu früh! Ich habe ja vorher bereits die ungewöhnliche Freundlichkeit der Menschen hier angesprochen, müssen jetzt jedoch feststellen, dass es durchaus auch Stinkstiefel gibt. Um unsere Überzeugung zu retten, beschließen wir, dass diese wenigen Menschen aus Lutetia oder Condate kommen müssen. Hungrig machen wir uns also auf in Richtung St. Pol, was Albert ungeheuer erfreut. Leider verfahren wir uns wieder einmal, so dass wir in Morlaix landen. Zufälliger Weise parken wir vor der Vinothek, kaufen Wein ein und gehen anschließend in ein Café in der Nähe eines der berühmten Laternenhäuser. Diese Häuser sind wegen ihrer Bauweise berühmt. Sie wurden um einen Innenhof errichtet, der oben verglast ist.

Essen einkaufen ist nicht mehr möglich, weil sämtliche Läden bereits geschlossen haben. Wir müssen also nach Rückkehr in das Ferienhaus ein Reste-Essen veranstalten. Mir persönlich geht es seit dem späten Nachmittag nicht so gut. Ich befürchte, eine Erkältung ist im Anmarsch. Ich gehe dennoch von Albert begleitet gegen Mitternacht mit dem Hund spazieren.

Nach Einkauf untätig in der Sonne auf der Terrase rumsitzen. © Klaus W. Schmidt

Nach Einkauf untätig in der Sonne auf der Terrase rumsitzen

Zehnter Tag, 26. September 2015

Männergrippe! Wie schon aus dem Namen zu schließen ist, handelt es sich dabei um die furchterregenste Krankheit, die jemals ein Mensch erleiden kann. Grauenhaft. Ich kriege keine Luft durch die Nase. Das ist für mich per se eine Katastrophe und ich leide entsetzlich. Die Nebenhöhlen gehen auch noch zu. Atemnot! Erstickungsanfälle! Es gibt Frauen, die behaupten, das sei nichts! Ich stehe bereits um drei Uhr früh auf der Terrasse. Ich höre sie schnarchen, die anderen. Ein Gefühl der Einsamkeit ergreift mich. Sie droht, mein Herz in ihren Klauen zu zerquetschen. Keiner kümmert sich um mich.

Das Frühstück findet weitgehend ohne mich statt. Ich lege mich wieder ins Bett. Silvia entscheidet, für sich einen faulen Tag zu machen. Um dreizehn Uhr fahren Albert und Petra einkaufen und stehen vor der verschlossenen Türe der überlebenswichtigen Vinothek in St-Pol. Danach erledigen sie die üblichen Einkäufe, hauptsächlich im Super U. Das ist der Tag, an welchem eine Knoblauchpresse und anständige Weingläser die Standardausrüstung des Ferienhauses optimieren. Am Nachmittag raffe ich mich auf und gehe mit Albert plus Hund zur Tahiti-Bar und an unseren Hausstrand. Den laufen wir ein weites Stück entlang und schaffen gerade noch vor der Flut den Rückweg – saugefährlich! Danach schleppe ich mich wieder ins Bett. Petra sonnt sich im Garten.

Die Überreste von Artischocken. © Klaus W. Schmidt

Die Überreste von Artischocken

Silvia hat gefaulenzt und brütet jetzt eine Frauengrippe aus, eine lächerlich harmlose Abart der Männergrippe. Albert und Petra sehen zu, dass sie doch noch Wein beschaffen können. Wir haben ja immerhin Samstag. Wegen des Wochenendes werden noch acht Artischocken gekauft sowie frischer Lachs und Crevetten. Dann kochen die beiden und rühren die übliche Mayonnaise an. Albert wird geschickter. Ich lege mich wieder ins Bett. Zum Essen an den Tisch treibt mich jedoch mein Verantwortungsbewusstsein, weil es ja den anderen schaden könnte, wenn ich nicht fit bin. Also esse ich mit. Vorab muss mir ein Pastis mit Eiswasser die Luftröhre freimachen, damit ich wieder atmen kann. Zusätzlich dient das Getränk natürlich der Desinfektion. Freundlicher Weise puhlt Petra die Crevetten für mich, weil sie das so gerne tut. Das Essen ist hervorragend. Den angebotenen Lachs, chaud-froid gegart, schaffe ich nicht mehr. Ich muss mich wieder hinlegen. Die anderen verbringen den Abend skatspielender Weise. Ich soll mich angeblich später dazugesetzt und unqualifizierte Kommentare abgegeben haben, kann mich daran jedoch nicht erinnern. Albert und Petra machen um zwölf Uhr Nachts mit dem Hund den Abendspaziergang.

Elfter Tag, 27. September 2015

Zucchiniblüten. © Klaus W. Schmidt

Zucchiniblüten

Eine Artischocke. © Klaus W. Schmidt

Eine Artischocke

Eine vergessene Artischocke. © Klaus W. Schmidt

Eine vergessene Artischocke

Eine Häuserbrücke verbindet die beiden Teile von Landernau. © Klaus W. Schmidt

Eine Häuserbrücke verbindet die beiden Teile von Landernau

Ein Erker, der einst als Toilette genutzt wurde. © Klaus W. Schmidt

Ein Erker, der einst als Toilette genutzt wurde

Die typische Männergrippe zeichnet sich zwar durch einen äußerst schweren, Gott sei Dank jedoch nur kurzen Verlauf aus. Die Nachwirkungen ignorierend bin ich wieder voll einsatzfähig. Silvia scheint es jetzt richtig zu treffen, aber sie ist ja hart im Nehmen. In Anbetracht der Gefahr, dass über das Wochenende viele Menschen aus Condate und Lutetia anreisen, die Strände demnach überfüllt sein können, entschließen wir uns, das Landesinnere zu erkunden und fahren nach Landerneau. Es entpuppt sich als ein nettes kleines Städtchen, an einem sogenannten Aber namens Elorne gelegen. Wegen der Ebbe fließt das Wasser nur als schmales, flaches Rinnsal. Dieser ‚Aber‘ ist bemerkenswert, weil Landerneau relativ weit weg von Brest, damit vom Meer gelegen ist. Landerneau war einmal die Hauptstadt des Fürstentums Léon und gilt heute als Hauptstadt des bretonischen Gemüseanbaus. Die beiden Stadthälften werden durch eine Hausbrücke miteinander verbunden. Die Kirche Saint Thomas können wir nur von außen besichtigen, weil sie geschlossen ist. Anschließend pilgern wir zum Place Général de Gaulle, wo die Kirche St. Houardon ebenfalls nicht zugänglich ist, hier aus Gründen dringenden Renovierungsbedarfs. Der scheint so dringend zu sein, dass die Warnhinweise am Eingang entsprechend formuliert sind.

Die Kirche St. Thomas in Landernau. © Klaus W. Schmidt

Geschlossen. Die Kirche St. Thomas in Landernau

Die verriegelte Kirche St. Houardon. © Klaus W. Schmidt

Verriegelt. Die Kirche St. Houardon

Geschlossen. Die Kirche von St. Houardon bedarf dringend der Sanierung. © Klaus W. Schmidt

St. Houardon bedarf dringend der Sanierung

In einem Café mit offensichtlich rein bretonischer Tradition trinken wir Milchkaffee und entkommen nur knapp einem Terroranschlag, möglicherweise verübt vom verblichenen General: Ein schwerer Aschenbecher aus Kristallglas oder ein ähnlich massives Gebilde zerschellt zwischen uns und anderen Gästen auf Tisch und Boden. Das Attentat scheint aus einem der Fenster des Hauses über uns verübt worden zu sein. Der Wirt verhält sich ziemlich unhöflich, was jedoch seine Ursache im Schreck zu haben scheint, der ihm selbst ob des Ereignisses in die Knochen gefahren sein muss. Er demonstriert uns jedenfalls pantomimisch, dass es sich nicht um einen seiner Aschenbecher gehandelt haben kann. Interessant in dem Café ist die gästeseitig verhaltensbezogene Einrichtung der Toilette: Es gibt kein Waschbecken.

Der erste Kalvarienberg

Die Kirche von Lampaul-Guimiliau mit Umfriedung. © Klaus W. Schmidt

Die Kirche von Lampaul-Guimiliau mit Umfriedung

Im Verhältnis zum Kirchturm ein flaches Kirchenschiff. © Klaus W. Schmidt

Im Verhältnis zum Kirchturm ein flaches Gebäude

Das Mittelschiff von St. Paul-Guimiliau. © Klaus W. Schmidt

Das Mittelschiff von St. Paul-Guimiliau

Lebensgroße Figuren stellen die Szene nach der Abnahme Jesu vom Kreuz dar. © Klaus W. Schmidt

Lebensgroße Figuren stellen die Szene nach der Abnahme Jesu vom Kreuz dar

Auf der Weiterfahrt veranlassen mich diverse Artischocken- und Zucchinifelder sowie Silvias lauthalsige Aufforderungen zu Notbremsungen, um dieses Gemüse im „Urzustand“ fotografisch zu dokumentieren. Wo sieht man das schon bei uns? Der Tag soll jedenfalls noch anstrengend werden. Wir brechen nämlich anschließend zu einem Kalvarienberg mit der Kirche von Lampaul-Guimiliau und deren Umfriedung (Enclos Parassiau) auf. Die Kirche präsentiert sich innen und außen als unglaublich schön. In den Reiseführern wird der Kalvarienberg als das kulturhistorische Kleinod in der Bretagne beschrieben, das in dieser Form nirgendwo auf der Welt zu finden sei.

Ausschnitt aus den prächtigen Kirchenornamenten mit Erzengel Michel. © Klaus W. Schmidt

Ausschnitt aus den Kirchenornamenten mit Erzengel Michael

Im Seitenschiff von Lampaul-Guimiliau. © Klaus W. Schmidt

Pracht überall: Hier im Seitenschiff von Lampaul-Guimiliau

Der Blick auf den Hauptaltar. © Klaus W. Schmidt

Der Blick auf den Hauptaltar im Mittelschiff der Kirche

Bei Ebbe kann die Insel zu Fuß oder mit dem Auto auf der befestigten Straße erreicht werden. © Klaus W. Schmidt

Bei Ebbe kann die Insel zu Fuß oder mit dem Auto auf der befestigten Straße erreicht werden

Wäre sicher eine interessante Location für Hitchcock gewesen. © Klaus W. Schmidt

Wäre sicher eine interessante Location für Hitchcock gewesen

Im Anschluss wollen wir uns etwas erholen und gelangen an einen großen Strand in Dossen bei Santec, von Surfern als Paradies beschrieben. Der Hund tobt und ist glücklich. Silvia macht heimlich Filmaufnahmen. Auffällig ist das Ende einer Straße, die nur bei Ebbe benutzt werden kann, um auf die Insel Île de Sieck zu gelangen, eine sogenannte Route Submersible.

Wir finden direkt am Meer eine Crèperie mit Panoramablick und nehmen unsere übliche Vorspeise zu uns. Anschließend fahren wir nach Hause und essen mal wieder Artischocken, trinken Wein und spielen Doppelkopf. Alberts Buchführung gerät dabei in heftige Kritik und verdächtiger Weise will er sie nicht abgeben.

In dieser Nacht erwartet uns eine Mondfinsternis, die in dieser Form erst wieder in rund 400 Jahren auftreten soll. Es entwickelt sich eine hitzige Diskussion um die Frage, ob sich der Mond, wie die Erde auch, um die eigene Achse dreht.

Kurz vor dem Eintauchen in den Erdschatten. © Klaus W. Schmidt

Kurz vor dem Eintauchen in den Erdschatten

Jetzt ist er fast zur Hälfte drin. © Klaus W. Schmidt

Jetzt ist er fast zur Hälfte drin

Kurz vor dem Erröten. © Klaus W. Schmidt

Kurz vor dem Erröten

Trotz vermeintlicher astronomischer Grundkenntnisse zeigen sich bei uns allen erschreckende Wissenslücken. Aus dem Internet gezogene, offensichtlich wissenschaftlich belegte Erkenntnisse namhafter Astronomen, Physiker und Mathematiker halten Silvia nicht davon ab, darauf zu bestehen, dass sich der Mond lediglich um die Erde, nicht aber um die eigene Achse drehe. Kränkelnd und schwächelnd geht sie bereits um zwei Uhr ins Bett. Albert legt sich im kalten Wind, in eine Decke eingewickelt, auf der Terrasse auf eine Liege. Unsere französischen Nachbarn von nebenan verbringen die Nacht ebenfalls im Garten. Ab und zu blitzt es von deren Kamera aus, möglicherweise glaubend, dadurch könne die Mondoberfläche ausgeleuchtet werden. Ich warte und richte die Kamera ein. Ab zwei Uhr dreißig löse auch ich regelmäßig aus. Allerdings unterschätze ich den Holz-Belag der Terrasse bezüglich dessen Festigkeit, so dass die die meisten der mittels Teleobjektiv und relativ langer Belichtungszeit aufgenommenen Fotos zumeist mehr oder weniger verwackelt sind. Der immer stärker aufkommende Sturmwind tut ein Übriges, zudem wird es gefühlt eiskalt. Erst gegen etwa drei Uhr und fünfundvierzig Minuten beginnt der Mond, sich zu verfärben. Ich kann nicht mehr beobachten, wie er im Kernschatten orangerot am Nachthimmel steht. Da nämlich habe ich in der Kälte bereits aufgegeben. Albert und Petra hatten sich bereits vorher zurückgezogen.

Zwölfter Tag, 28. September 2015

Der Blick auf den Jachthafen von Roscoff. Die Anlegestege werden bei steigender Flut mit den Booten zusammen angehoben. © Klaus W. Schmidt

Der Blick auf den Jachthafen von Roscoff. Die Anlegestege werden bei steigender Flut mit den Booten zusammen angehoben

Die Mauer trennt Jachthafen und Wirtschaftshafen. © Klaus W. Schmidt

Die Mauer trennt Jachthafen und Wirtschaftshafen

Die Raffinesse, mit welcher Albert sich des Morgens auf die Spuren guter Croissants und Baguettes in St.-Pol-de-Léon begibt, sucht ihresgleichen. Nachdem er sich zu Recht die Frage gestellt hat, wo wohl die Einwohner dieses Städtchens ihre Backwaren außerhalb des Supermarktes kaufen, beobachtet er mit Argusaugen die Menschen. Schließlich entdeckt er, aus einer Seitenstraße kommend, einen einsamen Mann mit einem Baguette unter dem Arm. Dessen vermuteten Weg rückwärts verfolgend entdeckt er tatsächlich eine Boulangerie. Während des Frühstücks befinde ich allerdings die Croissants für schlecht. Das Baguette ist in Ordnung.

Fischereihafen mit Autionshalle. © Klaus W. Schmidt

Fischereihafen mit Autionshalle.

Noch immer Ebbe, aber heftiger Wind. © Klaus W. Schmidt

Noch immer Ebbe, aber heftiger Wind

Albert und Goya. © Klaus W. Schmidt

Albert und Goya

Der Rückweg zu Fuß über dem Meer ist ganz einfach schön. © Klaus W. Schmidt

Der Rückweg zu Fuß über dem Meer ist ganz einfach schön

Nach einer Ruhephase (Kalorienkoma am Morgen) teilen wir uns auf: Wir Männer marschieren mit Hund los zu einem ausgedehnten Spaziergang in den neuen Hafen von Roscoff, die Frauen fahren einkaufen. Die Vinothek in St.-Pol-de-Leon hat montags geschlossen – merde. Also ist Super U angesagt. Die Damen kaufen die obligatorischen Artischocken ein – allerdings nicht für Albert, der mittlerweile in den Artischockenstreik getreten ist.

Unser Spaziergang zum Hafen führt über mehrere Strände und am exotischen Park vorbei. Der Hafen präsentiert sich uns nüchtern, ohne jegliches romantische Flair, jedoch sehr spannend bei Ebbe, weil sich der Abstand von den Kais auf die Wasseroberfläche insbesondere bei den ausgesprochen heftigen Windböen als regelrecht beklemmend erweist. Wir entdecken den Fischereihafen mit der großen Auktionshalle. Leider gibt es dort keine Möglichkeit, privat einzukaufen.

Gegen 16 Uhr kehren wir zurück und Albert, der sich im Laufe des Aufenthaltes zum Maître de Café gemausert hat, versorgt uns alle. Nach einer Ruhephase wird gekocht: Artischocken, Hähnchenschenkel und Bratkartoffeln. Mhh…!! Des Abends beschäftigen wir uns mit Chaoten-Mau-Mau. Silvia zeigt deutlich ihre Unlust. So spielen wir doch noch Doppelkopf – für mich lauter Ommablätter, was mir fast schon peinlich ist, aber nur fast.

Dreizehnter Tag, 29. September 2015

Um die Mittagszeit brechen wir nach Carantec auf, einem Badeort gegenüber von Roscoff. Die Kirche kann im Vergleich zu den Vorgängerkirchen nicht mithalten, auch weil die „Sakrale Kunst“ weitgehend von moderner Malerei bestimmt wird – wem’s gefällt…

Bei Flut ragen gerade mal die drei 'Zinnen' aus dem Wasser. @ Klaus W. Schmidt

Bei Flut ragen gerade mal die drei ‚Zinnen‘ aus dem Wasser

Die unvermeidliche Suche nach Jakobsmuscheln oder sonstigem Getier. @ Klaus W. Schmidt

Die unvermeidliche Suche nach Jakobsmuscheln oder sonstigem Getier

Einer von vielen Windsurfern, die zum Wasser eilen. @ Klaus W. Schmidt

Einer von vielen Windsurfern, die zum Wasser eilen

Und auf geht's. @ Klaus W. Schmidt

Und auf geht’s

Die kriegen mit ihren 'Sinkern' bei dem Wind ordentlich Speed. @ Klaus W. Schmidt

Die kriegen mit ihren ‚Sinkern‘ bei dem Wind ordentlich Speed

Die Sonne wärmt die durchgerorenen Körper von außen, der Kaffee von innen. @ Klaus W. Schmidt

Die Sonne wärmt die durchgerorenen Körper von außen, der Kaffee von innen

Das Zentrum von Carantec liegt auf einem Berg und wir müssen eine relativ steile, aber gut befahrbare Straße zum sogenannten Nautischen Strand hinunterfahren. Bei unserer Ankunft pegelt sich die Meeresoberfläche gerade bei absoluter Ebbe ein, so können wir relativ weit ins nicht vorhandene Meer hinausgehen. Petra und Silvia halten wie Kinder nach Muscheln Ausschau in der Hoffnung, zum Zwecke der Sicherung unseres Abendessens die eine oder andere Jakobsmuschel zu erbeuten. Sie finden allerdings lediglich Muscheln anderer Gattungen und Arten, die sie aus Gründen des Mitleids wieder dem nassen Sand oder den Seetangbergen übergeben. Höchstwahrscheinlich werden die dann von anderen „Fußfischern“ gefunden, die in großen Mengen unterwegs sind. Einschränkend sollte bemerkt werden, dass Jakobsmuscheln in Frankreich nur von November bis März, und das auch nur an drei Tagen in der Woche kommerziell gefangen werden dürfen. Also strengen sich Petra und Silvia nicht wirklich an.

Viele Windsurfer sind unterwegs, um den seit Tagen wehenden kräftigen Wind auszunutzen. Albert und ich sind die hilfsweise Muschel(schalen)sucherei irgendwann leid und haben zudem genug gesehen. Daher begeben wir uns auf den Rückweg zu den Strandbars, in der Hoffnung, dort etwas Heißes zu trinken zu bekommen. Jedoch, außerhalb der Saison ist dort montags und dienstags Ruhetag. Also setzen wir uns unter eine Palme auf eine Bank und warten und warten. Schließlich kommt uns die einsetzende Flut zu Hilfe. Petra und Silvia kehren langsam, die Betonung liegt auf „langsam“, zurück, intensive Kommunikation pflegend. Im Anschluss erklimmen wir wieder den Berg, um dort ein Café zu besuchen. Leider ist die Küche bereits geschlossen, so dass wir keine Vorspeise mehr zu uns nehmen können und mit einem Café au Lait Vorlieb nehmen müssen.

Im Supermarkt abgestellt

Die Rückfahrt dehnen wir etwas aus und entdecken die Küste entlang, rund um die Bucht an den Hängen hochgebaut, eine Menge fantastischer Bauten, ganz offensichtlich von Reichen in diesem Lande initiiert. Auf der Rückfahrt machen wir Halt in Saint-Pol, besuchen unsere Vinothek und anschließend den Super U, wo die Damen, am Zeitaufwand gemessen, wieder einmal alles in den Schatten stellen, was da sonst noch einkauft. Wir können das gut beobachten und beurteilen, weil wir wie üblich gegenüber der Kassen auf einer zum Angebot des Marktes gehörenden Couch quasi abgelegt werden. So sehen wir Einkaufende kommen und gehen, von unseren beiden Damen lange Zeit keine Spur.

Zum Abendessen einmal mehr Artischocken. @ Klaus W. Schmidt

Zum Abendessen einmal mehr Artischocken

Nach der Ankunft in unserem Ferienhaus werden wir, also Albert und ich, erst mal von unserem Hund spazierengeführt, der – und das muss endlich einmal gesagt werden – eine Engelsgeduld beweist. Zum Abendessen gibt es Austern. Und die wehren sich eindrucksvoll dagegen, geknackt zu werden. Wir essen sie sofort an der Spüle, während die Artischocken vor sich hin köcheln. Das eigentliche Abendessen besteht aus Artischocken und Spaghetti mit vorher gepuhlten, leider gekochten Crevetten. Als Soße dient dieses Mal eine Fertigsoße, die nicht sonderlich schmeckt. Den Abend verbringen wir mal wieder mit Doppelkopf, den Petra, unkonzentriert und pausenlos über völlig andere Dinge redend, haushoch und ganz nebenbei gewinnt.

Vierzehnter Tag, 30. September 2015

Der hohe Turm der Kapelle winkt von Weitem. @ Klaus W. Schmidt

Der Turm winkt von Weitem

Im Hintergrund Kreisker. @ Klaus W. Schmidt

Im Hintergrund Kreisker

Heute besuchen wir den Friedhof von St.-Pol-de-Léon. Von außen wirkt er so, als ob man unbedingt hin muss. Der Turm der Friedhofskapelle ist weithin sichtbar und scheint förmlich zu winken: „Kommt, kommt!“

Auf dem Friedhof selbst beschleicht uns ein merkwürdiges Gefühl: Alles, wirklich alles steht in Reih‘ und Glied, dunkle Steine, eine Unmenge Kreuze, alles einheitlich ausgerichtet. Kurz vor Ende des Friedhofsgeländes befindet sich seitlich ein Bereich, der extra für die Gefallenen beider Weltkriege reserviert worden ist. Selbst im Tod sind die Namen der Offiziere, Unteroffiziere und gemeinen Soldaten getrennt voneinander in den Stein gemeißelt, militärisches Standesdenken auf ewig, schade.

Die Kapelle ist innen von Licht durchflutet. @ Klaus W. Schmidt

Die Kapelle ist innen von Licht durchflutet

Warum die meisten Verzierungen aus Stein sind, erschließt sich aus den umgekippten Topfblumen. @ Klaus W. Schmidt

Warum die meisten Verzierungen aus Stein sind, erschließt sich aus den umgekippten Topfblumen

Ein Meer aus Kreuzen - alle in einer Richtung. @ Klaus W. Schmidt

Ein Meer aus Kreuzen – alle in einer Richtung

Selbst im Tod gibt es das bessere Militär - rangtechnisch betrachtet. @ Klaus W. Schmidt

Selbst im Tod gibt es das bessere Militär – rangtechnisch betrachtet

Meist einfach und schmucklos gehalten. @ Klaus W. Schmidt

Meist einfach und schmucklos gehalten

Das Schloss des Grafen. @ Klaus W. Schmidt

Das Schloss des Grafen

Der Damm, mediterran bewachsen. @ Klaus W. Schmidt

Der Damm, mediterran bewachsen

Auf dem Felsen: Goya entwickelt sich zunehmend zu einer Mischung aus Gemse und Adler. @ Klaus W. Schmidt

Auf dem Felsen: Goya entwickelt sich zunehmend zu einer Mischung aus Gemse und Adler

Austernbänke bei Ebbe vom Felsen aus gesehen. @ Klaus W. Schmidt

Austernbänke bei Ebbe vom Felsen aus gesehen

Fußfischer auf der Jagd. @ Klaus W. Schmidt

Fußfischer auf der Jagd

Die Kapelle ist innen schön und schlicht gehalten. Auch sie erweckt den Eindruck von Mittelalter. In einer Ecke weisen schlichte Holzkreuze auf die Gräber von Ursulinen hin. Auffällig ist, dass sie sich alle, ohne Ausnahme, eines ausgesprochen langen Lebens erfreuen konnten. Daneben befinden sich Gräber von offenbar zivilen Militärangehörigen, getötet während des 2. Weltkrieges. Anschließend wollen wir wissen, was sich hinter einer hohen und langen Mauer verbirgt. Auf Nachfrage erhalten wir die Auskunft, dass es sich um das Schloss des Grafen handele. Das Anwesen dürfe nur am Wochenende des bretonischen Vaterlandsfestes betreten und besichtigt werden. Wir fahren an der Mauer entlang und kommen schließlich zum Meer. Von dort können wir einen Blick auf den beeindruckenden gräflichen Wohnsitz erhaschen.

Auf diese Weise gelangen wir in einen Bereich von St.-Pol, den wir bis dahin noch überhaupt nicht wahrgenommen haben. Es handelt sich um einen Damm, der an einer kleinen, grünen Insel mündet, der Îlot Sainte-Anne, mit einem Aussichtsfelsen, den wir besteigen.

Sie lassen es sich gut verdientermaßen gehen. @ Klaus W. Schmidt

Sie lassen es sich gut verdientermaßen gehen

Die Damen gehen natürlich auf Muscheljagd, wieder mit minimalem Erfolg. Goya erklimmt mit Albert und mir den Felsen. Mir bleibt einige Male fast das Herz stehen, weil er ja immer die direkten Wege in Höchstgeschwindigkeit zu nehmen pflegt, auch wenn dabei das eine oder andere Mal Flugeinlagen von Nöten sind. Anschließend fahren wir quer durch die in den Küstenfelsen angelegten schmalen Wege, bis wir zu dem neben dem exotischen Garten gelegenen „Privatstrand“ gelangen, wo Einheimische, vermutlich Rentner, ihr Leben genießen, picknickend und boulespielend.

Endlich, die Jakobsmuschel

Die erste Jakobsmuschel, eine ganz ganz kleine... @ Klaus W. Schmidt

Die erste Jakobsmuschel, eine ganz ganz kleine…

Wir können Petra gerade noch daran hindern. @ Klaus W. Schmidt

Wir können Petra gerade noch daran hindern

Es ist immer noch Ebbe. Hier waren wir ja ein paar Tage zuvor auf Leute getroffen, die mehr als für eine Mahlzeit ausreichend allerlei Getier gefunden hatten, inklusive einer schönen, großen Jakobsmuschel. Das hatten wir den Damen erzählt und diese machen sich jetzt umgehend auf die Suche. Albert und ich ruhen uns auf einem großen Stein aus.

Schließlich ereilt uns das Erfolgserlebnis des Tages: Petra jault auf und hält triumphierend eine Jakobsmuschel in die Höhe. Es ist ein süßes, kleines Ding, das uns aus seinen rund einhundert winzigen Äuglein mitleiderregend anschaut, stumm darum bittend, wieder freigelassen zu werden. Bildlich gesprochen hat sie noch Windeln an. Nach mehreren Fotos und unter schier unmenschlicher Anstrengung von Seiten Petras, nicht zuzubeißen, wird die kleine wieder ins Meer entlassen. Enttäuscht beschließen die Damen, wieder zurück in das Ferienhaus zu fahren.

Fünfzehnter Tag, erster Oktober 2016

Fischtrawler im alten Hafen von Roscoff bei Flut. @ Klaus W. Schmidt

Fischtrawler im alten Hafen von Roscoff bei Flut

Junge Fischerin beim Beladen eines der Trawler. @ Klaus W. Schmidt

Junge Fischerin beim Beladen eines der Trawler

Der frühe Morgen verläuft heute anders. Ich fahre mit Albert nach Roscoff, um gute Croissants und Brötchen einzukaufen. Wir kommen am Hafen vorbei. Es ist Flut. Sämtliche Fischerboote, die noch am Vortag während der Ebbe auf dem Hafengrund gelegen haben, liegen jetzt im Wasser und sind am Kai vertäut. Sie werden beladen – mit Fischen!! Auf Nachfrage erfahre ich, dass die Fische als Köder für die Krabben- und Hummerfischerei dienen. Auf einem der Boote arbeitet gar ein junges und ausgesprochen hübsches Mädchen, welches sich um meine Kamera keinen Deut schert.

Wir entdecken ein kleines, nettes Café, wo wir zum einen Croissants und zwei Baguettes kaufen, zum anderen einen Milchkaffee trinken. Nach der Rückkehr finden wir angesäuerte Frauen vor, weil am Tag zuvor deutlich gesagt worden sein soll, dass am heutigen Vormittag etwas von Petra Bestelltes in St.-Pol abgeholt worden sein müsse. Also bin ich um des lieben Frieden willens gezwungen, vor dem Frühstück nochmals losfahren. Nach längerem Warten stellt sich heraus, dass das abzuholende Gut erst einen Tag später, also am 2. Oktober eintreffen wird. Gemeinschaftlich beschließen wir, nach dem Frühstück einen weiteren Kalvarienberg, den in St. Thégonnec aufzusuchen.

Schiefe Säulen

Der Calvaire von St.-Guimiliau. @ Klaus W. Schmidt

Der Calvaire von St.-Guimiliau

Der Calvaie von Guimiliau ist mit 200 Figuren ausgestattet. @ Klaus W. Schmidt

Der Calvaie von Guimiliau ist mit 200 Figuren ausgestattet

Der Calvaire in St.-Thégonnec bringt es 'nur' auf 40 Figuren. @ Klaus W. Schmidt

Der Calvaire in St.-Thégonnec bringt es ’nur‘ auf 40 Figuren

Das prächtige Hauptschiff von St.-Thégonnec @ Klaus W. Schmidt

Das prächtige Hauptschiff von St.-Thégonnec

Die Säulen der Kirche St.-Guimiliau sind alles andere als gerade @ Klaus W. Schmidt

Die Säulen der Kirche St.-Guimiliau sind alles andere als gerade

In beiden Kirchen, wie in vielen anderen auch, gegenreformatorische Pracht. Hier Guimiliau. @ Klaus W. Schmidt

In beiden Kirchen, wie in vielen anderen auch, gegenreformatorische Pracht. Hier Guimiliau

Das Ossuarium von St.-Thégonnec. @ Klaus W. Schmidt

Das Ossuarium von St.-Thégonnec

Jean Glenn bei der Arbeit auf der Straße vor seinem Atelier @ Klaus W. Schmidt

Jean Glenn bei der Arbeit auf der Straße vor seinem Atelier

Dieser war seinerzeit im Wettbewerb mit dem Kalvarienberg in Guimiliau erbaut worden, wohin wir im Anschluss weiterfahren wollen. In diesen Wettbewerb soll sich laut einer Sage sogar der Teufel eingeschaltet und dafür gesorgt haben, dass Guimiliau den Wettbewerb für sich entscheiden konnte. Zwar sind der Calvaire und die Kirche in St. Thégonnec sehr beeindruckend, der Kalvarienberg Guimiliau, die Kirche und das Drumrum sind jedoch prächtiger geraten. Das allerdings auf Kosten einer Merkwürdigkeit, einer Besonderheit: Einige Säulen im Langschiff von Guimiliau sind nämlich schief und krumm. Auf Nachfrage können wir lediglich erfahren, dass das schon beim Bau der Kirche geschehen sein soll. Vielleicht war ja der Teufel doch ein wenig überfordert. Der Calvaire jedenfalls ist mit sage und schreibe zweihundert Figuren ausgestattet.

In Guimiliau lernen wir einen Künstler namens Jean Glenn kennen, der hauptsächlich mit Reliefs in Schiefer arbeitet. Es ist schon faszinierend, zu beobachten, mit welcher Präzision er in den Stein die bretonischen Muster mit Hilfe von Hammer und Meisel fräst. Die Damen kaufen ihm jeweils eine Arbeit ab.

Da mal wieder sämtliche Crèperien im Ort geschlossen haben, machen wir uns auf den Weg nach Dossen auf, wo wir zum einen hoffen, eine Vorspeise einnehmen zu können – hat ja schon mal geklappt -, und zum anderen dem Hund Bewegung im Wasser verschaffen zu können. Bei der Ankunft allerdings müssen wir feststellen, dass die einzige heute geöffnete Crèperie keinen Besuch von Hunden wünscht. Den Wasserstand in Dossen haben wir noch nie so niedrig gesehen, das heißt, das Meer hat sich weit zurückgezogen. Grundsätzlich wäre es demnach möglich, zu Fuß oder mit dem Auto auf die Île de Sieck zu kommen.

Das 'Hitchcock-Haus' in Dossen. @ Klaus W. Schmidt

Das ‚Hitchcock-Haus‘ in Dossen

In Dossen bei Ebbe der Blick von der Wassergrenze zurück. @ Klaus W. Schmidt

In Dossen bei Ebbe der Blick von der Wassergrenze zurück

Um an das Wasser zu gelangen, müssen Albert und ich eine recht große Strecke über den Sand zurücklegen, während die Damen sich mal wieder auf Jakobsmuschelfang begeben. Goya tobt im Wasser, indem der seinen von uns geworfenen Holzknochen jagt. Nach jedem Wurf müssen wir uns etwas zurückziehen, weil das Wasser langsam zurückkommt. Schließlich machen wir uns zum sicheren Ufer auf und fahren nach St.-Pol, um dort nochmals Essen einzukaufen. Im Ferienhaus angekommen heißt es: Alles ausziehen, um den letzten Waschmaschinengang zu bestücken.

Zum Abendessen gibt es eigenhändig gepuhlte Crevetten, Artischocken und gebratenen Seelachs mit Blattsalat. Auf Wein verzichten wir dieses Mal, was mir persönlich ganz recht ist, weil ich magentechnisch betrachtet die Mengen offensichtlich nicht mehr vertrage. Am Abend spielen wir Doppelkopf.

Sechzehnter Tag, 02. Oktober 2015

Die erste Amtshandlung am Vortag unserer Abreise in den Süden der Bretagne gilt der Wäsche. Anschließend fahren Petra und ich nach St.-Pol, um endlich die bestellte Grätenzange abholen – um die ging es nämlich tags zuvor. Danach geht es weiter nach Roscoff, wo wir Baguette und Croissants einkaufen. Wir trinken einen Milchkaffee, schauen nochmals nach den Fischerbooten und kehren dann zurück in das Ferienhaus, wo bereits der Tisch für das Frühstück gedeckt ist. Nach kurzer Erholungspause brechen wir gemeinsam nach Carantec auf, dieses Mal, um möglichst auf die Insel Callot zu gelangen.

Im Auto auf dem Meeresgrund

Der Meeresspiegel sinkt und gibt sukzessive die Straße zur Insel Callot frei. @ Klaus W. Schmidt

Der Meeresspiegel sinkt und gibt sukzessive die Straße zur Insel Callot frei

Goya, der mutierte Gemsenadler, könnte sich in den Steinen hervorragend tarnen. @ Klaus W. Schmidt

Goya, der mutierte Gemsenadler, könnte sich in den Steinen hervorragend tarnen

Unter Umgehung der Straße geht's schneller. Allerdings muss auch hier noch gewartet werden. @ Klaus W. Schmidt

Über den Meeresboden geht’s schneller. Allerdings muss auch hier noch gewartet werden

Ganz Ungeduldige fahren quer durch durch Sand und Geröll. @ Klaus W. Schmidt

Ganz Ungeduldige fahren quer durch durch Sand und Geröll

So endet die eine odere andere Reifenspur scheinbar im Nichts. @ Klaus W. Schmidt

So endet die eine odere andere Reifenspur scheinbar im Nichts

Die Route Submersible ist jetzt frei passierbar. @ Klaus W. Schmidt

Die Route Submersible zwischen der Insel und dem Festland ist jetzt frei passierbar

Auf der Insel Callot. Wie am Mittelmeer. @ Klaus W. Schmidt

Auf der Insel Callot. Wie am Mittelmeer

Traumhafte Anwesen und außer einer Straße kein Platz für Touristen. @ Klaus W. Schmidt

Traumhafte Anwesen und wenig Platz für Touristen

Das ist ein kleines Abenteuer. Wir gehen zu Fuß in einem weiten Bogen um die Route Submersible, die immer noch submersible ist, herum. Die Damen fahnden einmal mehr in Sand, Geröll, Tang und Wasserlachen nach Jakobsmuscheln. Goya hat mittlerweile so richtig gelernt, in den Felsen herum zu klettern. Auf der Insel angelangt können wir sehen, dass die Ebbe jetzt die Route Submersible freigegeben hat.

Um endlich einmal eine solche Unterwasserstraße zu befahren, machen wir uns zu Fuß auf, diese Straße nutzend unser Auto zu holen. Auf dem Weg fragen wir eine freundliche Dame, die sich in ihrem Geländewagen ebenfalls auf dem Weg zum Festland befindet, wie lange denn die Straße befahrbar bleibe. Sie sieht uns offenbar unsere Bedenken an und beruhigt uns. Lachend bietet sie an, im Falle unseres Zuspätkommens in ihrem Haus auf der Insel auf die nächste Ebbe warten zu können. Mit dem Auto zurück auf Callot versuchen wir, die Insel zu erforschen. Das allerdings erweist sich als schier unmöglich, weil so gut wie alle Straßen und Wege dort nur von „Riverains“, von Anliegern befahren werden dürfen. Touristen wie uns bleibt alleine die Hauptstrecke mit ihren Sand-Parkplätzen. So besichtigen wir zu Fuß lediglich ein paar der wunderschönen Anwesen von außen, oft mit Privatstrand.

Letzte Amtshandlungen

Dieses Mal verzichten wir auf eine Vorspeise. Wir suchen umgehend unser Ferienhaus auf, trinken dort Kaffee und packen anschließend. Als würdiges Abschiedsessen in würdigem Ambiente haben wir in St.-Pol haben auf Anraten einer Freundin, die Roscoff gut kennt, in einer schnuckeligen Crèperie für 18 Uhr 30 – um diese Zeit soll offiziell auch geöffnet werden – vier Plätze reserviert. Zur gebuchten Zeit warten wir vor dem Restaurant. Wir warten immer noch. Um 18 Uhr 50 können wir von außen durch die Fenster sehen, wie eine Mitarbeiterin der Crèperie damit beginnt, sauberzumachen. Erst gegen 19 Uhr 15 können wir das Restaurant betreten. Etwa eine halbe Stunde lang sitzen wir dort völlig alleine und essen. Kurz vor 20 Uhr ist das Lokal bis auf den letzten Platz besetzt. Die Crèpes sind Spitzenklasse, die Desserts ebenfalls. Der Cidre steht in nichts nach. (ks)

Fortsetzung im Süden

2017-08-23T15:43:09+00:0026 Juni 2017|